Es ist sehr interessant, daß die geschichtliche Periode, in der bei uns die Tradition des kritischen Denkens zum ersten Male einen entscheidenden Durchbruch erzielte, nämlich die Aufklärung, im deutschen Sprachbereich nur selten eine positive Würdigung erfährt. Man versieht sie gerne mit schmückenden Beiworten pejorativen Charakters wie „flach“, „unhistorisch“, „trocken“, bescheinigt ihr eine Überschätzung des bloß Vernünftigen und dokumentiert die eigene Überlegenheit damit, daß man bereit ist, dunklen, unklaren, widerspruchsvollen und vieldeutigen Ergebnissen geistiger Anstrengungen wegen ihrer angeblichen Tiefe den Vorzug vor den Resultaten klaren, nüchternen und kritischen Denkens zu geben.
Tag: critical rationalism
A source of possible criticism
Rationality, for Popper, is to be identified with openness to criticism; and each individual is to be valued a s a source of possible criticism. Objectivity, rather than being regarded as the attribute of the particular, wise individual is regarded as a social product – a product of critical discussion. [111]
The problem of unintended consequences
Eine praktisch verwertbare sozialtechnologische Analyse muß die Beschaffenheit der Ausgangssituation für politisches Handeln, zum Beispiel für die ins Auge gefaßte Gesetzgebung berücksichtigen. Und sie muß dabei auch der Tatsache Rechnung tragen, daß eine solche Gesetzgebung nur bestimmte – meist sehr eng umschriebene – Bestandteile der institutionellen Konstellation in einer Weise ändern kann, die voraussehbare Auswirkungen in der erwünschten Richtung hat. [27]
Politics as a social-technological problem
An die Stelle einer Begründung oder Rechtfertigung im klassischen Sinne tritt hier die komparative Analyse alternativer Vorschläge für die Lösung der betreffenden Probleme auf der Grundlage regulativer Ideen, das heißt: bestimmter Wertgesichtspunkte, die der Entscheidung – das heißt: der Selektion der im Sinne dieser Ideen besten Lösung – zugrundegelegt werden können. Das ordnungspolitische Problem – die Frage nach der Beschaffenheit einer adäquaten Sozialordnung – läßt sich unter diesen Voraussetzungen in ein sozialtechnologisches Problem verwandeln, wobei die betreffenden Wertgesichtspunkte für diese Formulierung hpothethisch vorausgesetzt werden, wie das ja auch bei der Analyse der Erkenntnispraxis geschehen kann. Es läßt sich nämlich formulieren als Frage anch der Möglichkeit einer sozialen Ordnung, die bestimmten Anforderungen genügt, wobei dieser Anforderungen in den Kriterien (Leistungsmerkmalen) zum Ausdruck kommen, an denen sich die vergleichende Untersuchung orientiert. Da es bei solchen Vergleichen nicht um logische, sondern um reale Möglichkeitne geht, müssen die in Betracht kommenden Gesetzmäßigkeiten berücksichtigt werden. Und da es im konkreten Fall um die jeweils historischen Möglichkeiten geht, das heißt um die Realisierbarkeit in einem bestimmten Raum-Zeit-Gebiet, müssen die in diesem Gebiet vorliegenden tatsächlichen Bedingungen in die Analyse einbezogen werden.
Es ist selbstverständlich, daß auch die Anforderungen, die an eine adäquate Sozialordnung zu stellen sind, und die ihnen zugrundeliegenden Wertgesichtspunkte keineswegs der Diskussion zu entziehen sind. [24-5]
The precondition for coexistence in dignity and peace
The age of totalitarian ideologies in Europe is drawing to a close. The belief in the historic mission of one race or class has proved to be the most devastating fallacy of this century: millions of innocent people fell victim to its sway. Karl Popper ceaselessly fought this fallacy. He is among the most significant champions of the open society; his arguments contradicting his enemies retain their validity and power of conviction.
His strongest weapons are utmost intellectual clarity and integrity. The conviction of the basic fallibility of human insight is expressed not least in his great personal modesty: mankind must never give up the quest for truth, but must beware the illusion of ever being able to possess the truth.
A commitment to such convictions requires courage – the inner strength to swim against the tide and resists the “Zeitgeist”. The triumph of freedom and democracy in Europe demonstrates that Karl Popper was right. His message for the future is that we must remain alert; critical rationality is the precondition for the coexistence of people and nations in dignity and peace.
What aims we pursue
What is the characteristic difference between a scientific theory and a work of fiction? It is not, I hold, that the theory is possibly true while the descriptions in the story are not true, although truth and falsity have something to do with it. The difference is, I suggest, is that the theory and the story are embedded in different critical traditions. They are meant to be judged by quite different traditional standards (even though these standards might have something in common.)
What characterizes the theory is that it is offered as a solution to a scientific problem; that is, either a problem that has arisen before, in the critical discussion of earlier tentative theories, or (perhaps) a problem that discovered by the author of the theory now being offered, but being discovered within the realm of the problems and solutions belonging to the scientific tradition. [289]
Provoking the ‘belief philosophers’
In upholding an objective third world [World 3] I hope to provoke those whom I call ‘belief philosophers’: those who, like Descartes, Locke, Berkeley, Hume, Kant, or Russell, are interested in our subjective beliefs, and their basis or origin. Against these belief philosophers I urge that our problem is to find better and bolder theories; and that critical preference counts, but not belief. [107]
If you are serious about truth…
Wer wirklich an der Wahrheit Interesse hat, wird so verfahren, daß er gerade Auffassungen, die er für besonders wichtig hält, am schärfsten der kritischen Prüfung aussetzt, nicht nur diejenigen, die er ohnehin einigermaßen leichten Herzens zu opfern bereit ist. [135]
The Munchhausen trilemma of justificationism
Nun entsteht aber, wenn unser Prinzip ernst genommen wird, sogleich folgendes Problem: Wenn man für alles eine Begründung verlangt, muß man auch für die Erkenntnisse, auf die man jeweils die zu begründende Auffassung – bzw. die betreffende Aussagen-Menge – zurückgeführt hat, wieder eine Begründung verlangen. Das führt zu einer Situation mit drei Alternativen, die alle drei unakzeptabel erscheinen, also: zu einem Trilemma, das ich angesichts der Analogie, die zwischen unserer Problematik und dem Problem besteht, das der bekannte Lügenbaron einmal zu lösen hatte, das Münchhausen-Trilemma nennen möchte. Man hat hier offenbar nämlich nur die Wahl zwischen:
1. einem infiniten Regreß, der durch die Notwendigkeit gegeben erscheint, in der Suche nach Gründen immer weiter zurückzugehen, der aber praktisch nicht durchzuführen ist und daher keine sichere Grundlage liefert;
2. einem logischen Zirkel in der Deduktion, der dadurch entsteht, daß man im Begründungsverfahren auf Aussagen zurückgreift, die vorher schon als begründungsbedürftig aufgetreten waren, und der ebenfalls zu keiner sicheren Grundlage führt; und schließlich:
3. einem Abbruch des Verfahrens an einem bestimmten Punkt, der zwar prinzipiell durchführbar erscheint, aber eine willkürliche Suspendierung des Prinzips der zureichenden Begründung involvieren würde.
Da sowohl ein infiniter Regreß als auch ein logischer Zirkel offensichtlich unakzeptabel zu sein scheint, besteht die Neigung, die dritte Möglichkeit, den Abbruch des Verfahrens, schon deshalb zu akzeptieren, weil ein anderer Ausweg aus dieser Situation für unmöglich gehalten wird. Man pflegt in bezug auf Aussagen, bei denen man bereit ist, das Begründungsverfahren abzubrechen, von Selbstevidenz, Selbstbegründung, Fundierung in unmittelbarer Erkenntnis – in Intuition, Erlebnis oder Erfahrung – zu sprechen oder in anderer Weise zu umschreiben, daß man bereit ist, den Begründungsregreß an einem bestimmten Punkt abzubrechen und das Begründungspostulat für diesen Punkt zu suspendieren, indem man ihn als archimedischen Punkt der Erkenntnis deklariert. Das Verfahren ist ganz analog zur Suspendierung des Kausalprinzips durch Einführung einer causa sui. Nennt man aber eine Überzeugung oder Aussage, die selbst nicht zu begründen ist, aber dabei mitwirken soll, alles andere zu begründen, und die als sicher hingestellt wird, obwohl man eigentlich alles – und also auch sie – grundsätzlich bezweifeln kann, eine Behauptung, deren Wahrheit gewiß und die daher nicht der Begründung bedürftig ist: ein Dogma, dann zeigt sich unsere dritte Möglichkeit als das, was man bei einer Lösung des Begründungsproblems am wenigsten erwarten sollte: als Begründung durch Rekurs auf ein Dogma. Die Suche nach dem archimedischen Punkt der Erkenntnis scheint im Dogmatismus enden zu müssen. An irgendeiner Stelle nämlich muß das Begründungspostulat der klassischen Methodologie auf jeden Fall suspendiert werden. [15-6]
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