Feyerabend’s faith in science

[Feyerabend:] Ein Romantiker bin ich schon immer gewesen, und nun greift das eben auch auf die Wissenschaftstheo­rie über und auf die Philosophie im allgemeinen. Daß der Popper keine bestimmten Regeln hat, und daß daher mein Angriff auf bestimmte Regeln ins Leere schlägt, kann ich nicht zugeben, denn beim Popper kann man ja doch nicht tun was man will (dann wäre er ja ein Anarchist). Gewisse Einschränkungen gibt es da schon, zum Beispiel, daß man Argumente gegen einen Standpunkt in Betracht ziehen soll, daß man auf Kritik hören soll und seine Ohren vor ihr nicht ver­schließen soll, und so weiter. Nun scheint es mir aber, wenn man auf die Wissenschaftsgeschichte blickt, und vor allem auf das optische Beispiel des Galilei, das ich in Empiricism ii behandle, daß diese Regeln noch viel zu re­striktiv sind, und das sagt Galilei auch selbst: er preist Kopernikus (auch Aristarch), daß sie den Glauben an ihre Ideen trotz aller Gegenargumente beibehalten haben und diese Ideen nicht aufgaben. Also, was Galilei sagt, ist: im Falle der Kopernikanischen Theorie war es gut nicht auf Argumente, sondern auf den Glauben zu hören. Das ist bei Popper verboten (oder bist Du etwa anderer Meinung? Die Form der Argumente ist dabei gar nicht wesentlich, die kann sich ändern, wie Du ja auch selbst sagst; aber Galilei sagt, daß was auch immer die Form der Argumente sei, man sie manchmal beiseite schieben muß, und man muß dann auf einem Glauben beharren). Nun weiß ich sehr wohl, daß Popper selbst dieses Vorgehen des Galilei kennt, und zitiert, als sei es mit seinem System vereinbar. Aber das ist eben nicht der Fall. In der Praxis preist Popper manchmal Methoden, die seiner Theorie („höre auf Argumente“; „nimm kri­tische Bemerkungen ernst“ etc. etc.) widersprechen, denn er ist ja doch von der tatsächlichen Wissenschaft zu sehr beeindruckt, als daß er es wagen würde, den Galilei etwa zu kritisieren. Aber die Geschichte paßt ja nicht in seine Theorie, die noch immer Einschränkungen predigt, wenn auch diese Einschränkungen schon sehr allgemein gewor­den sind, und viel weniger tyrannisch, als die Einschränkungen der Induktivisten. [133]

1 comment

  1. Maybe what Galileo had faith in later turned out to be right, but how does this hindsight even possibly inform method? How many completely false things do we have faith in? To advocate faith as a method because two guys were right about theirs (while complete neglecting to acknowledge their hard work on the problem, the evidence they turned up, etc.—which of course always informs one’s intuitions) seems rather reckless, if not silly. And lastly, why is ‘faith’ the right word here, and not ‘intuition’? Did Galileo hold his ‘faith’ as a dogma? Surely not.

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