Das Konzept der offenen (statt einer geschlossenen) Gesellschaft ist freiheitsorientiert und wird im wesentlichen “negativ” (ausgrenzend) definiert, d.h. als Freiheit von Zwang und Unterdrückung durch andere, weniger “positiv” bestimmt, d.h. nicht inhaltlich vorab definiert. Freiheit kann insofern “nicht durch einen Souverän garantiert werden, sondern nur durch eine Pluralität von Institutionen, Konventionen, Regeln und Gesetzen, die immer von neuem auf ihre Funktion der größtmöglichen individuellen Freiheitssicherung überdacht werden müssen.”* Mit der Idee des politisch-weltanschaulichen Pluralismus und der Idee der friedlichen politischen Konkurrenz sind im kritischen Rationalismus zwei weitere wesentliche Ideen des Konzepts der offenen Gesellschaft eng verbunden, und zwar “die Idee der institutionalisierten öffentlichen Kritik und die Idee der politischen Konfliktregelung durch kritisch-rationale Diskussion. Die Idee der Kritik bzw. des kritisch-rationalen Problemlösungsverhaltens (im Gegensatz zum dogmatischen Rechtfertigungsdenken) bildet nicht nur das Fundament der Erkenntnis- und Wissenschaftslehre des Kritischen Rationalismus, sondern ist auch für dessen Vernunftverständnis konstitutiv. Kritisch-rationales Problemlösungsverhalten wird dabei immer in einem doppelten Sinne verstanden: als Bemühen um ehrliche Selbstkritik und Bereitschaft zu öffentlicher Kritik. Wie groß die Bedeutung ist, die dabei dem Moment der Öffentlichkeit eingeräumt wird, zeigt der Umstand, daß für Popper wissenschaftliche Objektivität nicht durch noch so bemühte Selbstkritik, sondern immer erst durch vielseitige öffentliche Kritik und Infragestellung von Hypothesen und Erkenntnisansprüchen zustande kommen kann. Nur in öffentlicher Auseinandersetzung mit kritischen Einwänden und Alternativhypothesen vermag sich eine wissenschaftliche Hypothese zu bewähren und, solange sie nicht widerlegt ist, den Status von wissenschaftlicher Objektivität zu erlangen.”* [3]
* Salamun, Kurt: “Kritischer Rationalismus”. [Karl Ballestrem (ed.): Politische Philosophie des 20. Jahrhunderts. Oldenbourg: 1990.]
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